Meine Trainingsphilosophie

Was vermisst man als Betroffener einer chronischen Erkrankung am meisten?

Je nach Art, Schwere und Verlauf der Krankheit fallen diese Sehnsüchte wohl sehr unterschiedlich aus. Aber wahrscheinlich wünscht man sich genau das zurück, was man verloren hat. So geht es zumindest mir. 

Ich habe meine Krankheiten gut im Griff, sehr gut sogar. Dennoch vermisse ich hin und wieder mal die uneingeschränkte Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit meines Lebens. Ich würde zum Beispiel gerne mal einen Tagesausflug zum Wandern, einen Urlaub, einen Grillabend mit Freunden oder auch nur meinen Alltag einfach erleben können, ohne auf Diabetes, MS oder die Zwänge in irgendeiner Weise Rücksicht nehmen zu müssen.

Dieser Wunsch nach uneingeschränkter Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit lässt sich für mich nicht erfüllen, denn ich werde mit den Krankheiten mein gesamtes Leben zurechtkommen müssen…das ist die bittere Wahrheit und nun mal ein Teil meines Lebens. Allerdings ist es ebenso ein Teil meines Lebens, dass ich die Herausforderungen der drei Krankheiten, längst angenommen habe.

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht mir das, was ich durch die Krankheiten verloren habe, ganz, in Teilen oder in einer anderen Form zurückzuholen. Das ist meine „Trainingsphilosophie“. Das treibt mich an. Meine Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit wird niemals uneingeschränkt sein, aber sie steigt, je besser ich mich meinen Krankheiten gegenüber verhalte. Schließlich umfasst mein Freiheitsbedürfnis auch den Wunsch nach körperlicher Unabhängigkeit, den Wunsch nach Schmerzfreiheit, den Wunsch nach Leistungsfähigkeit sowie den Wunsch nach Freude und Abenteuer. Dass ich mir diese Wünsche erfüllen konnte und mir damit große Teile meiner Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit zurückerobert habe, verdanke ich meiner Lebensform, bei der Sport, Ernährung, Schlaf und die mentale Einstellung die entscheidenden Rollen spielen.

Um die gerade beschriebene Trainingsphilosophie umsetzen zu können ist es wichtig, hin und wieder die Komfortzone zu verlassen. Als Betroffener mehrerer chronischer Erkrankungen weiß ich selber gut genug wie schwierig das sein kann. Ich kann dich also verstehen. In einigen Situationen vielleicht sogar besser als dein engster Freundes- und Familienkreis. Auch ich habe schon die Erfahrung gemacht, mich im Kreise meiner liebsten „alleine“ zu fühlen. Schließlich bin ich der Einzige mit einer bzw. mehreren chronischen Krankheiten. Als nicht betroffene Person ist es schwer zu verstehen, was ein Betroffener durchmacht. Dennoch darf dies keine Ausrede für permanentes Selbstmitleid und langfristige Stagnation sein. In vielen Fällen eröffnet uns erst das Verlassen der Komfortzone die Wege, die die nachhaltige Steigerung der Lebensqualität beinhalten. Also…was vermisst du am meisten?